
Auftrittsangst
Musiker und Musikerinnen kennen Lampenfieber vor ihren Auftritten - dies ist bis zu einem gewissen Grad normal und oft sogar hilfreich, um sich besser auf das Vorzutragende zu konzentrieren. Wird Lampenfieber jedoch so stark, dass jeder Auftritt eine Qual ist, sprechen Musikermediziner von Auftrittsangst.
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Auftrittsangst
Die Auftrittsangst stellt eine pathologische Angstreaktion im Rahmen von (Bühnen)Auftritten dar, die sowohl durch einen psychische (Angst vor Kontrollverlust über die Situation, Unwirklichkeitserleben, negative Kognitionen) als auch eine körperliche Komponente (z.B. Schwitzen, Zittern, Atemnot, Übelkeit, Schwindel, Kribbelgefühle, Harn- oder Stuhldrang, etc…) gekennzeichnet ist. Um die Angst zu kontrollieren, entwickeln viele Betroffene im Verlauf der Erkrankung Sicherheitsstrategien (z.B. das Mitführen/Einnehmen von Beruhigungsmitteln oder die Durchführung von beruhigenden Ritualen) oder vermeiden Auftritte vollständig. Dies hilft zwar kurzfristig, die Angst zu kontrollieren, führt jedoch langfristig zu einer Chronifizierung der Erkrankung, einer meist ausgeprägten psychosozialen Beeinträchtigung und in nicht wenigen Fällen zu einer Gefährdung der Berufstätigkeit.
Als Risikofaktoren für die Entwicklung einer Auftrittsangst haben sich in wissenschaftlichen Untersuchungen negative Auftrittserfahrungen, eine starke individuelle Ängstlichkeit, überhöhte Leistungsansprüche, eine hohe Erwartungshaltung und ein ausgeprägter Perfektionismus herausgestellt. Diese individuellen Eigenschaften stehen mit neurobiologischen Veränderungen im „Emotionszentrum“ (dem sogenannten „limbischen System) in Verbindung, die wiederum die situationsspezifische körperliche Reaktion der Auftrittsangst auslösen und aufrechterhalten.
Die Behandlung der Auftrittsangst erfolgt multimodal und beinhaltet neben einer Psychotherapie (verhaltens- und tiefenpsychologische Ansätze) auch Bewegungs- und Entspannungstechniken, mentales Auftrittstraining, Videofeedback und Probevorspiele. Vorübergehend können zur Minderung der psychovegetativen Symptome vor Auftritten sogenannte Beta-Rezeptoren-Blocker hilfreich sein, eine Medikamentengruppe, die die Herzfrequenz verringert und so zur Angstreduktion beiträgt. Das Berliner Centrum für Musikermedizin (BCMM) bietet hier Hilfe an.
Im Rahmen einer fachärztlichen Vorstellung erfolgt nach Diagnosestellung bzw. -sicherung eine erkrankungsspezifische, personalisierte und an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen orientierte Therapieplanung, die sowohl der Symptomausprägung als auch der jeweiligen sozialen Situation der Betroffenen Rechnung trägt. Hierdurch sollen ein zeitnaher sowie nachhaltiger Symptomrückgang erreicht und dadurch angstfreies Musizieren wieder möglich werden.